Mein Rechtstipp

Brauchen Paare ohne Kinder überhaupt ein Testament?

Oft denken gerade kinderlose Ehepaare, ein Testament sei für sie nicht erforderlich: Der überlebende Ehegatte wird ohnehin alles erben. Dabei handelt es sich um einen folgenschweren Irrtum! Liegt kein Testament vor, regelt das Gesetz, wer Erbe wird. Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch erbt der Ehegatte oder die Ehegattin neben den Eltern und Geschwistern des Verstorbenen höchstens zu ¾ . Die Schwiegereltern oder die Geschwister sind dann Miterben zu ¼. Das bedeutet, dass sie nicht nur einen Anspruch auf Ausgleich in Form von Geld haben, sondern ihnen steht von dem gesamten Erbe ein Viertel zu. Je nachdem, was das Erbe umfasst, kann es sich dabei von einer Immobilie bis hin zu persönlichen Gegenständen des/der Verstorbenen (z.B. Schmuck, sogar den Ehering) handeln.

Den Miterben stehen daneben auch eine Reihe von weiteren Rechten zu: So können sie sich ins Grundbuch eintragen lassen, Nutzungsentschädigung verlangen, Auskünfte von Banken einholen usw. Oft ist es bereits eine erhebliche finanzielle Belastung für den überlebenden Ehegatten, die Miterben auszuzahlen – sofern man sich überhaupt einigt. Daneben führen die Auseinandersetzungen meist zu einer starken psychischen Belastung. Fazit: Gerade für kinderlose Ehepaare ist es wichtig, ein Testament zu haben. Also, wenn Sie Ihrem Partner etwas Gutes tun wollen, machen Sie demnächst ein Testament und setzen ihn als Alleinerben ein.


Warum nichtverheiratete Paare ein Testament brauchen

Nichtverheiratete Paare machen sich oft wenig Sorgen um ihr Testament. Oft gehen sie davon aus, dass ihre Partnerin oder ihr Partner auch ohne Ehebund „irgendwie“ an ihrem Erbe beteiligt werden wird. Dem ist aber nicht so. Im folgenden Beispiel erkläre ich warum:

Ein Paar, nennen wir sie Sandra und Stephan, leben seit vielen Jahren zusammen. Vor kurzem haben sie sich eine Eigentumswohnung gekauft, die beiden zur Hälfte gehört. Zum gemeinsamen Haushalt gehören auch die beiden Kinder von Bettina aus einer früheren Beziehung. Bernd hat keine Kinder.

Was passiert, wenn einer von ihnen stirbt?  Nach dem Gesetz sind nicht verheiratete Paare nicht verwandt und unterliegen auch sonst keinerlei besonderen Regelungen. Dies steht im starken Widerspruch zu der engen emotionalen Bindung.

Wenn einer von beiden stirbt und sein Erbe nicht in einem Testament geregelt hat, so greift die gesetzliche Erbfolge. Der Partner oder die Partnerin erbt dann nichts. Stattdessen die nächsten Verwandten des Verstorbenen. Wenn er leibliche Kinder hat, so erben diese. Wenn er keine Kinder hat, erben die Eltern oder die Geschwister.

In unserem Beispiel bedeutet das: Wenn Bernd stirbt, ohne ein Testament zu hinterlassen, erben seine Eltern allein. Sollten seine Eltern nicht mehr leben, so erben seine Geschwister.

Das gesamte Eigentum von Bernd, seine Bankguthaben, ja auch seine Haushaltsgegenstände und Möbel werden an die “fremden“ Erben fallen. Besonders brenzlig wird es, wenn beide ein Haus oder eine Wohnung angeschafft haben wie in unserem Beispiel. Dann fällt die Hälfte des Hauses an die Eltern oder Geschwister von Bernd. Diese werden meist auf Auszahlung ihres Anteils drängen oder eine Miete von der überlebenden Bettina verlangen. Möglicherweise muss sie das Haus nun verkaufen, um die Erben auszahlen zu können. Sie muss nun zusätzlich zur Trauer auch um das gemeinsame Heim bangen.

Die Verwicklungen werden umso schwieriger, je mehr Personen beteiligt sind, z.B. wenn Bernd auch eigene Kinder aus einer früheren Beziehung hat und beide auch noch gemeinsame Kinder haben. Dann entstehen komplexe Erbengemeinschaften, die zu erheblichem Streit und Abstimmungsbedarf führen.

Die Konsequenz kann nur heißen: Unverheiratete Paare müssen ein Testament machen, das  den anderen Partner zum Alleinerben einsetzt und auch für die anderen Familienmitglieder Regelungen trifft. Ganz lassen sich damit Ansprüche anderer nicht ausschließen, denn oft haben sie Pflichtteilsansprüche. Doch dazu kommen wir in meinem nächsten Rechtstipp.

Enterben und Pflichtteil

Häufig wird die Frage gestellt: Wen kann ich enterben oder wann kann ich enterbt werden?

  1. Enterben

Im deutschen Erbrecht gilt die Testierfreiheit; das bedeutet, dass der Verfasser eines Testaments jeden beliebigen Menschen aber auch eine juristische Person wie z.B. eine GmbH oder eine Stiftung als Erben einsetzen kann. Diese Einsetzung kann er grundsätzlich auch jederzeit wieder ändern. Er kann darüber hinaus auch beliebig viele Erben einsetzen, die dann Miterben sind.

Im Bürgerlichen Gesetzbuch wird der Begriff „Enterben“ nicht verwendet. Einen Hinweis gibt § 1938 BGB. Danach kann ein Erblasser einen Verwandten oder Ehepartner von der Erbfolge ausschließen. Dies bedeutet Enterben im engeren Sinn. Wenn man also jemanden, der nach der gesetzlichen Erbfolge Erbe wäre, von seinem Erbe ausschließt, enterbt man ihn. Das passiert durchaus häufig. Wer seinen Ehepartner als Alleinerben einsetzt, enterbt damit automatisch die eigenen Kinder.

Im Allgemeinverständnis versteht man darunter auch den Fall, dass der Erblasser einen Erben eingesetzt hat, z.B. die nicht verwandte Freundin, dann aber, z.B. nach einem Streit, das Testament wieder ändert. Oder dass sich die Nichte Hoffnung auf ein Erbe gemacht hat, weil ihr Onkel ihr dies mündlich versprochen hat, aber nie ein entsprechendes Testament verfasst oder geändert hat.

Die Antwort lautet damit: Jeder kann jeden enterben.

  1. Pflichtteil

Kommen wir nun zum Pflichtteil. Zwar ist der Verfasser eines Testaments frei in seiner Entscheidung, wen er als Erbe oder Erben einsetzt. Einige enge Verwandte haben jedoch nach dem Gesetzt einen Anspruch auf einen Pflichtteil, wenn sie nicht als Erbe bestimmt werden. Zu diesem engen Kreis gehören nur die Abkömmlinge (leibliche und adoptierte Kinder aber auch Kindeskinder für den Fall, dass ein Kind vorverstorben ist,) des Erblassers und seine Ehepartnerin/Ehepartner. Nur, wenn der Testierende keine Kinder hat, können auch seine Eltern einen Pflichtteilsanspruch geltend machen. Keinen Pflichtteilsanspruch haben also unter anderem Geschwister, Neffen und Nichten etc.

Der Pflichtteilsanspruch ist ausschließlich auf Geld gerichtet, der Pflichtteilsberechtigte kann daher nicht z.B. einzelne Gegenstände aus dem Nachlass verlangen oder einen Eintrag ins Grundbuch. Der Wert des Pflichtteilsanspruchs beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Obwohl es ja ein Testament gibt und daher nicht die gesetzliche Erbfolge gilt, wird sie jedoch herangezogen, um die Höhe des Pflichtteils zu bestimmen. Beispiel: Wäre der Erblasser ohne Testament gestorben, wären seine beiden Kinder Erben zu je ¼ und die Ehefrau zu ½. Damit hätte jedes Kind einen Pflichtteilsanspruch von 1/8, die Ehefrau von ¼.

Der Pflichtteilsanspruch wird nicht automatisch berücksichtigt, sondern muss ausdrücklich geltend gemacht werden. Dafür hat der Pflichtteilsberechtigte drei Jahre Zeit, danach kann der Erbe die Verjährung einwenden (muss er aber nicht). Es ist durchaus häufig, dass gerade Kinder ihren Anspruch nicht geltend machen.

Der Anspruch richtet sich gegen den oder die Erben. Der Anspruch beträgt in unserem Beispiel 1/8 des sog. Netto-Nachlasswertes, das ist der Wert des Vermögens im Nachlass abzüglich aller Schulden, dazu gehören auch die Kosten für die Beerdigung. Der Pflichtteilsberechtigte weiß in der Regel nicht, welche Wertgegenstände im Erbe vorhanden sind. Dafür wird ihm vom Gesetz ein weitgehender Auskunftsanspruch zugestanden. Der Erbe ist nach entsprechender Aufforderung verpflichtet, ein Nachlassverzeichnis zu erstellen, in dem alle Wertgegenstände, Bankguthaben und Depots, Grundstücke usw. aufgelistet sind und auch bewertet werden sowie alle Schulden. Daraus kann der Pflichtteilsberechtigte dann seinen Geldanspruch berechnen und einfordern.